Zu Beginn der neuen Spielzeit beleben wir eine alte Tradition: Unsere unabhängige Kommentatorin Christiane Dietering berichtet vom Saisonauftakt – und schreibt, wie sie ihn empfunden hat.
In alter Frische
Besser als mit dieser phrasemischen Überschrift lässt sich der erste Stubenreim der Saison 2014 / 2015 wohl kaum zusammenfassen. Tatsächlich bot der Abend des 10.09.2014 allen Neu-, Stamm- und Gelegenheitsgästen ebenso viel Altes wie Frisches:
Selbst die unberechenbare Komponente „Wetter“ folgte diesem Thema und spielte der Veranstaltung kräftig in die (Eintritts-) Karten: Mit merklich kühleren Temperaturen und ein paar frischen Schauern sorgten die ersten Herbst-Ausläufer für das passende Indoor-Feeling und lockten entsprechend viele Hörwillige in die angestammte Lokalität plan b.
Dort befand sich durch das Moderatoren-Trio Linn, Max und Peter bzw. deren jüngste Werke sowohl VOR, HINTER als auch AUF dem Empfangs-Tisch zunächst wieder alles beim wohlvertrauten Alten.
Die erste frische Brise des Abends versprach die angekündigte Band – zumindest dem Namen nach. Leider erwiesen sich Erlebnispark als vergleichsweise laues Lüftchen im musikalischen Fundus von Stubenreim – was sich mit gerade mal „11% Leidenschaft“ sowohl begründen als auch steigern lässt.
Mehr Frische kündigte sich durch Dominic Memmels an. Der selbsternannte Abgesandte des „Ministeriums für innere Schönheit“ macht sich nach eigener Aussage stark für „Problemverkauf“; bemühte zur Anmoderation dessen jedoch zu viele und zu veraltete Worte. Auch die nachfolgenden Gedichte über Lemminge, preiswerten Fraß und (maus-) fleischfressenden Käse machten einen etwas abgestandenen Eindruck. Frei nach Alt-Meister Shakespeare wünschte sich mancher Zuhörer „mehr Inhalt, weniger Kunst“.
Ein Motto, das Tom Schildhauer nahezu vorbildlich umsetzte: Frisch, frei und fröhlich trug er „10 Gründe gegen die Homo-Ehe“ vor und erörterte in ebensolcher Weise die Frage(n) „Wer hat eigentlich behauptet, dass…“
Die fehlende Behauptung, dass alt nicht auch frisch wirken kann, widerlegte Chris Götze: Das Ur- bzw. Grundgestein von Stubenreim dichte(r)te sich in bewährter Manier durch einen Garten, zahllose Puzzle-Teile, Malzbier und falsche Marie.
Kein bisschen falsch, sondern ganz echt erschien die ihm nachfolgende Alexandra Huth, von welcher Moderatorin Linn behauptete, ihre Werke seien später mal viel wert – eine Aussage, der nichts wesentlich Frischeres hinzuzufügen ist und die deswegen unverändert übernommen werden darf.
Unverändert, aber doch anders präsentierte sich TOM SCHILDHAUER bei seinem zweiten Auftritt: Das Text-Potpourri des nun schon Altbekannten sorgte für eine Wiederbegegnung mit längst verblichen geglaubten PC-Helden und bezog verschiedene Genres und Kindheitserinnerungen ein.
Ebenfalls in Erinnerungen schwelgte der – nach eigenen Angaben – arbeits- und mittel-, aber – deutlich erkennbar – weder haar- noch einfallslose Stanley Deschle. Seine gedichtähnlichen Rückblicke waren so umfassend, dass die Stubenreim-Macher auf das alte Mittel der Redezeit-Beschränkung zugriffen – und dem musikalischen Act damit einen frischen Anlauf gewährten.
©Christiane Dietering
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